Pop-up-Radweg ist nur ein erster Schritt
ADFC wirbt für Geduld beim Verkehrsversuch und für eine sachliche Diskussion.
Der Pop-up-Radweg an der Friedrich-Ebert-Straße erregt seit Wochen die Gemüter. Für den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC kommt die Empörung der Autofahrer nicht überraschend. „Wir haben uns in den vergangenen Jahrzehnten daran gewöhnt, dem Autoverkehr generell Vorrang einzuräumen. Wenn dem Auto dann mal etwas Raum weggenommen wird, ist der Aufschrei immer groß,“ sagt Peter Brautmeier, Ortsgruppensprecher des ADFC Recklinghausen.
Der ADFC begrüßt die Initiative des Kreises und der Stadt Recklinghausen ausdrücklich. „Mit dem Pop-up-Radweg wird das Radfahren auf der Friedrich-Ebert-Straße und demnächst der Mühlenstraße deutlich sicherer. Der Abstand zwischen Radfahrenden und dem motorisierten Verkehr ist so groß, dass auch ungeübte Radfahrende und Kinder ohne Angst auf der Straße fahren können,“ meint Klaus Droste, der Kreisvorsitzende des ADFC. Für den Radclub ist es auch wichtig an die Pendler zu denken. „Radfahrende auf dem Weg zur Arbeit wollen die kürzeste Strecke fahren, um Zeit zu sparen, die kann man nicht auf Freizeitwege in der Nähe verweisen,“ merkt Droste an.
Die Sicherheit des Radverkehrs ist eine Grundvoraussetzung dafür, dem Radfahren größeres Gewicht im Gesamtverkehr zu geben. Nur wenn Radler nicht Angst um ihre Gesundheit oder ihr Leben haben müssen, wird das Fahrrad zu einer ernstzunehmenden Alternative zum Auto. Und das muss es werden, wenn der Verkehr klimafreundlicher werden soll.
Für NRW strebt das Land einen Fahrradanteil von 25 % am gesamten Verkehrsaufkommen an. Davon ist man zurzeit noch weit entfernt. Peter Brautmeier schätzt den Anteil des Radverkehrs in Recklinghausen auf unter zehn Prozent. „Darum sind Maßnahmen, wie der Pop-up-Radweg so wichtig: Damit zeigen wir Menschen, die sich grundsätzlich vorstellen können, aufs Rad umzusteigen, dass man mit dem Fahrrad sicher und bequem in die Stadt kommen kann,“ erklärt Brautmeier. „Allerdings ist dies nur ein einzelner Baustein. Für eine echte Verkehrswende braucht es mehr.“ Für den ADFC gehören dazu vor allem Tempo 30 in der Stadt und baulich vom Autoverkehr getrennte und ausreichend breite Radwege aus allen Stadtteilen in die Innenstadt. Aber auch gute und sichere Abstellmöglichkeiten, zum Beispiel abschließbare Quartiersgaragen für Fahrräder, mehr öffentliche Ladepunkte für E-Bikes und die konsequente Bekämpfung des Parkens auf Geh- und Radwegen machen die Stadt erst fahrradfreundlich.
Aber zurück zum Pop-up-Radweg Friedrich-Ebert-Straße. Dass sich eine „große Mehrheit“ damit nicht anfreunden kann, wie die Recklinghäuser Zeitung am 9. Juli schreibt, will der Recklinghäuser ADFC nicht unkommentiert stehen lassen. „Es gibt keine repräsentative Befragung dazu, sondern nur eine Handvoll empörter Leserbriefe und eine Menge Facebook-Einträge. Daraus lässt sich nicht auf eine große Mehrheit schließen. Die Befürworter des Radwegs freuen sich im Stillen,“ ist Brautmeier überzeugt. Er wirbt um Geduld: „Wir sollten uns die Zeit nehmen, den Verkehrsversuch in Ruhe zu beobachten, über alle Jahreszeiten hinweg und ihn dann auswerten.“
Falls aus dem Versuch eine Dauerlösung wird, wie es sich der ADFC wünschen würde, dann wäre die Verkehrssituation auch wieder übersichtlicher, weil Schluss wäre mit der zweifarbigen Markierung und den rotweißen Baken.